Niels Rohde – Geschichten von früher: “Gewitter in der Ostsee”

Gewitter in der Ostsee

 Wir segelten mit der „Pelion“, meinem 9,50 m Langkieler, unterwegs auf dem Wege von Burgtiefe nach Warnemünde. Es war warm und ein schwacher Wind wehte mit 2 bis 3 Windstärken. An der Steuerbordseite lag die Küste Mecklenburgs – ein schöner Segeltag. Im Wetterbericht hatten sie “Durchzug schwerer Gewitterböen“ angekündigt. Das werde ich nie wieder mißachten!

image

  Am Nachmittag bezog sich der Himmel hinter uns und bald entstand im Südwesten eine furchterregende dunkle Wand. Als die ersten Blitze zuckten, barg ich schnell das Großsegel und zurrte an Deck alles fest. Bald blitzte es über uns und um uns herum. Steuerbord an der Küste sah man schwere Regenschauer niedergehen. Wohl ahnend, was uns gleich erwarten würde, hatten wir Rettungswesten angelegt und uns in der Plicht festgebunden. 

image

Dann kam sie, die Gewitterwalze: die Wasseroberfläche verwandelte sich von achtern her in eine schneeweiße Schaumschicht. Buchstäblich in letzter Sekunde rollte ich die Genua ein. Der Motor wurde gestartet. Urplötzlich fiel der Wind in Sturmstärke über uns her und Regenmassen prasselten auf uns wie mit der Peitsche. 

Innerhalb einer Viertelstunde entstand auf der eben noch ruhigen Ostsee ein steiler Seegang von 2,5 Metern. Anfangs hatte ich noch versucht, mit dem Motor den Steven in den Wind zu bringen – aber die 8 PS brachten das Schiff nicht herum, und es lag zweimal platt auf der Seite. So drehten wir ab und liefen vor der See davon. 

Auf Kanal 16 hörte man die Notrufe zweier Yachten und der Rettungskreuzer lief aus Warnemünde aus. Der Wind war wohl mit Stärke 9 über uns hergefallen. Am Heck schlug das Schlauchboot wie wild von einer Seite zur anderen, bis sich die Leine durchgescheuert hatte und unser neuer Tender mitsamt Flaggenstock entschwand. Wir hätten jetzt die Fock einen Quadratmeter herausholen sollen – aber wir waren starr und unfähig, etwas zu unternehmen. 

45 Minuten waren vergangen, als der Wind nach rechts um 90° drehte und es kalt wurde. Wie aus Eimern begann der Regen zu schütten. Die Fock ließen wir jetzt ein Stück heraus und raumschots flogen wir Richtung Warnemünde. Der starke Regen glättete die brechenden Wellenkämme und Wind und See wurde etwas moderater. 

image

Während der ganzen Zeit war die Sicht nie ganz schlecht gewesen. Wind und Regen nahmen weiter ab. 3 Stunden später im alten Strom in Warnemünde nieselte es nur noch, als wäre nichts gewesen.

Also Achtung, wenn es heißt: „Durchzug schwerer Gewitterböen!“

Niels Rohde    

image

Winterpause

Liebe Gäste,

es ist alles im Lot, der Friesenhof hat Winterpause, und wir genießen die ruhige Zeit.

Rohde Senior lässt es sich auf einer Atlantiküberquerung gutgehen, und ich mache kleine Stippvisiten in verschiedenen Hotels, um mich inspirieren zu lassen für unsere etwas umfangreichere Renovierung.

Im Zuge der Erneuerungen stellen sich mir viele Fragen, wie zum Beispiel, wie wichtig Nachhaltigkeit auch in der Hotelbranche ist, und wie man diese Maßnahmen umsetzt, bzw. inwieweit man dieses wichtige Thema berücksichtigt.

Ich sehe sehr schöne Hotels, die komplett durchdacht sind. Gerade diese Woche war ich in einem familiengeführten Hotel, in dem der Gast ein echtes Rundum-Paket bekommt. Das Grundstück ähnlich groß wie unseres, und bautechnisch komplett genutzt. Jeden Tag arbeiten 120 Kräfte für das Wohl des Gastes. Ich fand’s toll und beeindruckend! Jedoch kam ich irgendwie nicht zur Ruhe… Was mir fehlte, war im Nachhinein das Quäntchen Langeweile, das einen dazu bringt, sich zu entspannen.

Der Wellnessbereich war riesig und wunderschön, aber es gab einfach so viele Möglichkeiten des Entertainments, dass ich irgendwie nicht relaxen konnte.

Solche Erfahrungen ermuntern mich dazu, z.B. unsere große Wiese nicht zu bebauen, sondern Bienchen und Blümchen sich selbst zu überlassen. Ganz einfach im Strandkorb liegen und über sich die Wolken ziehen zu sehen, einen Spaziergang mit nackten Füßen über’s Gras machen, einfach mal ins Gras legen und sich mit der Erde verbunden fühlen.. Klingt so esoterisch, aber ist es nicht was ganz Normales? Kinder tun es doch auch. Ich gehe gerne barfuß vom Strand über die Straßen nach Hause. Oder wenn es nachts ganz dunkel ist, gehe ich auf die Wiese und schaue in den riesigen Sternenhimmel. Ein bisschen gruslig ist es anfangs, weil sich die Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen müssen, aber wann geht man schonmal bewusst in die Dunkelheit? Für Großstädter, die ständig von Licht umgeben sind, kann das eine besondere Erfahrung sein.

Gerade lese ich Bücher zum Thema Minimalismus im Alltag. Auch da stellt sich die Frage: Will der Hotelgast minimalistischen Urlaub machen, oder fährt er gerade deshalb weg, weil er Amüsement und Ferien vom Ich braucht? … „Minimalismus“ klingt cool – „Verzicht“ eher bedrohlich. Es ist aber das Gleiche. Wir sind darauf getrimmt, anzuhäufen und nach mehr zu streben. Können wir uns das abtrainieren? Ich schwanke oft zwischen: .. will ich unbedingt haben, gönne ich mir jetzt! und: wozu? Eigentlich brauche ich es nicht..! Denn hat man durchschaut, dass Besitz und Macht nur kurzfristig glücklich machen, kann man sich öffnen für “weniger”. Ballast abwerfen macht leicht, frei und öffnet neue Horizonte.

Der Mix macht’s – und somit werde ich weiter austüfteln, worauf unsere Gäste verzichten „dürfen“, um zu spüren, wie reich das pure Sein sein kann.