1962 – Orkan über der Nordsee

Die Sturmflut im Februar 1962 wird auch mir unvergessen bleiben. Im Herbst 1961 hatte ich auf dem Küstenmotorschiff  "Heinrich Hausschildt" als junger Matrose angemustert. Wir transportierten Koks, Kies und Holzladung zwischen Finnland, England, Schweden, Holland und Deutschland.

In meiner Erinnerung befanden wir uns am 16./17. Februar in der nördlichen Nordsee als der Orkan über die  Deutsche Bucht  zog. Unser Ziel war Cranz an der Elbe, wo wir in die Werft gehen sollten. 3 Tage lang dampften wir im Sturm mit langsamer Fahrt gegenan, denn an das Einlaufen in die Elbe war nicht zu denken. Die Matrosenkammern vor unter der Back konnten wir nicht mehr erreichen, das Vorschiff wurde bis zur Brücke mit Brechern eingedeckt. Die Wachen schliefen achtern abwechselnd in den Kojen. Das Schiff ging zu kehr, wie es noch keiner erlebt hatte.

Noch heute sehe ich den Moses, der auf diesem Schiff seine erste Reise machte, achtern an die Brücke geklammert. Das Heck sauste aus den Wellentälern zu schwindelerregende Höhen hinauf, er spuckte sich die Seele aus dem Leib und wünschte den sofortigen Tod. Wir mußten ihn mit Gewalt von der Reling wegziehen.

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Dann ließ der Orkan nach, und die “Heinrich Hausschildt” konnte auf die Elbmündung zuhalten, Cuxhaven passieren und Richtung Hamburg dampfen.  Das nördliche Ufer war von der Gewalt des Orkans über weite Strecken verwüstet. Entwurzelte Bäume, zerschlagene Sommerbuden und allerlei Unrat säumten das Fahrwasser. Wir erfuhren später aus den Zeitungen alles über die verheerenden Schäden, die Hamburg und deren Menschen hatten erleiden müssen. Meine Heimatinsel Sylt war von größeren Abbrüchen verschont geblieben.

Niels Rohde